An manchen Tagen denke ich so viel, dass es sich am Ende anfühlt, als hätte ich nicht nur einen Gedankenknoten in meinem Gehirn, der sich scheinbar nicht mehr auflösen lässt.
Dann sind da auf einmal Erinnerungen an Momente, die Jahre her sind und Erinnerungen an Dinge, die vor nicht allzu langer Zeit passiert sind. Vielleicht denke ich dann über eine eine Nachricht, die jemand mir schrieb, als er betrunken war und obwohl mit dieser Person längst kein Kontakt mehr ist, wünsche ich mir, ich hätte damals eine Erklärung dazu bekommen. Vielleicht erinnere ich mich an Momente aus meiner Kindheit und Aussagen von Familienmitgliedern, ehemaligen Freunden oder anderen Personen, die so sehr in meinem Kopf verankert sind, dass sie mich heute noch verunsichern und dafür Sorgen, dass ich über bestimmte Themen nicht nachdenken kann, weil sie mir Angst machen. Und dann denke ich die Dinge, die jetzt schief laufen, an die Fehler, die ich in mir sehe. Kleinigkeiten wie die Sache mit Narben, die ich dem Skin-picking zu verdanken habe. („Hör auf zu kratzen!“ ist mit einer der häufigsten Sätze seit ich zehn Jahre alt war. Ich wünschte, es wäre so einfach wie meine Mutter es immer klingen ließ und die Aufforderung, aufzuhören würde es nicht schlimmer machen, weil es mir dann auf einmal bewusst wird. Ich wünschte, ich müsste mich nicht so schlecht fühlen, wenn ich mal ein paar schlechte Tage habe, obwohl es inzwischen sehr viel mehr gute Tage sind.) Oder ich denke an scheinbare Kleinigkeiten, die jemand mir gegenüber erwähnte, wie meine Mutter heute beim Abendessen als sie mir eines dieser „Spring’s coming, time to shave, girls!“-Bilder zeigte. Daran, wie sie mit zwölf erklärte, ich müsste jetzt ja anfangen, mich zu rasieren. Oder wie sie über meine Tante lästerte, weil sie keine rasierten Achseln hatte. Wenn ich entscheide, mich einige Zeit nicht zu rasieren, schwanke ich zwischen Freude, über Haut, die nicht gereizt ist und Unwohlsein, weil in meinem Kopf die Stimme ist, die mir sagt, ich sollte doch lieber wieder und ich bin mir nie sicher, ob das wirklich ich bin oder nur die Vorstellungen meiner Familie oder der Gesellschaft davon, wie eine Frau (oder jede*r, di*er für andere Menschen so aussieht) das tun sollte. Und weil mein Gehirn noch nicht genug hat, mit einer Sache, über die wir exzessiv und bis zum Verknoten nachdenken können, fallen mir noch genug andere Dinge ein, die ich mindestens besser machen könnte, wenn nicht sogar aktuell komplett falsch mache. Und obwohl einige dieser Dinge vielleicht nicht unwahr sind, möchte ich bitte kein „Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“ hören -auch nicht von mir selbst, danke-, weil viele dieser Dinge dadurch, dass ich über sie nachdenke, nur viel schwieriger werden. Darüber nachdenken, dass ich mich in einer sozialen Situation vielleicht irgendwie seltsam verhalten habe – obwohl es vielleicht stimmt – sorgt letztendlich nicht dafür, dass ich es beim nächsten Mal besser mache, sondern eher, dass ich beim nächsten Mal so verunsichert bin, dass ich einer ähnlichen Situation so weit aus dem Weg gehen möchte, wie es nur geht. (Wann geht der nächste Flug zum Mond? Obwohl, das ist noch zu nah an der Erde, wer weiß, auf welchen Ideen diese Menschheit noch kommt.) Und wenn wir gerade schon mal dabei sind: Du warst beim Abendessen mit der Familie vorhin schon wieder die letzte, die mit dem Essen fertig war, Tasha. Das ist scheiße, lern endlich mal schneller zu essen! (Danke Tasha, dass du dir Vorwürfe wegen Dingen machst, die niemand sonst wirklich schlimm findet.) Bei Personen X, Y und Z könntest du dich auch mal wieder melden. Du vermisst sie doch. Aber was, wenn sie beschäftigt sind/keine Lust auf eine Unterhaltung haben und überhaupt, wie sollst du das überhaupt anfangen? (Ihr glaubt gar nicht, wie gut es tut, zu wissen, dass ich, wenn ich so lange durchhalte und nicht flüchte, Menschen irgendwann gut genug kenne, um mich einfach random und ohne großes Nachdenken bei ihnen zu melden.) Oh und hast du schon über die sympathisch und gut aussehende, fremde Person aus der Bahn von vor ein paar Wochen und dieses „was wäre wenn du auf das Lächeln und Nicken nicht mit einem unsicheren Grinsen und noch unsichereren Blicken auf den Boden reagiert hättest“ nachgedacht? Das ist ein wichtigstes Thema. Überhaupt, es ist wichtig über Kleinigkeiten und scheinbar unbedeutende Momente nachzudenken, an denen kein Mensch mehr irgendetwas ändern kann, das macht Spaß.
Und all sowas eben und ohne Pause zwischen einzelnen Gedanken. Heute war kein guter Abend, aber hey! Immerhin konnte ich es nach Stunden jetzt ansatzweise in Worte fassen. Das tut gut.
Gute Nacht.